Käse: Airas Muniz

Käse aus Galicien

Ein Stück Himmel

Vorneweg: Käse muss mich überraschen. Denn ich bin alles andere als ein Käse-Kenner. Und bei den Stinkkäsen steige ich aus. Ich halte es eher wie James Brown: „If it feels good, it is good.“ Da lasse ich mich auch nicht von Name-Dropping oder irgendwelchen Weltmeisterschaftstiteln beeindrucken. Wobei, dieser leicht kremige, buttrig-gelbe, himmlich feine spanische Weichkäse von Airas Muniz in Galicien hat es mir angetan, Bronzemedaillen-Gewinner bei der Gourmet-Messe in Madrid 2017, zudem eine Empfehlung von Llet Crua. Letzteres ist mein Haus- und Hofkäselieferant, ein kleiner feiner Laden in einem einfachem Viertel, in dem man diese Offenbarung nicht erwartet. Der Käseladen Llet Crua liegt gegenüber der Markthalle Mercat Nou in Sants und Xevi Miró und María Carroll sind über die Grenzen von Sants hinaus für ihre gute Nase bekannt.
 

Bester Käse Spaniens 

Spanien ist ein eher unbekanntes Käseland. Hier gibt es keine 800 Käsesorten wie im Nachbarland Frankreich, obwohl die Iberer eine lange Käsetradition besitzen, die sogar bis in die Frühzeit hineinreicht. Vor allem Ziegen- und Schafskäse überwiegen. Am liebsten sogar gemischt. Ich mag ja generell die Kreativität der Spanier, auch in Punkto Käse: „Tetilla“ beispielsweise, der mit seiner konischen Form wie eine weibliche Brust aussieht und deshalb ganz offiziell„Titte“ heißt. Um so mehr sticht der Weichkäse Terra aus Kuhmilch zwischen dem typisch säuerlichen und würzigen Manchego-Schafskäse aus Kastilien la Mancha (daher auch der Name Manchego) und dem zweitbekanntesten Käse Spaniens, dem rotrindigen Mahón aus Menorca aus dem Sortiment, das so vielfältig ist wie die Klimaregionen des Landes. Beides Hartkäse.
 

Die Kuh, die Jersey-Kuh

Zurück zu meiner Neuentdeckung Terra von Airas Muniz. Liegt sein himmlischer Geschmack an der Kuh? Der Viehzuchtbetrieb Outeiro SC in Chantada in Galicien, im Nordwesten Spaniens, steht für seine ganz besondere Käsephilosophie. Ricardo Gómez produziert in jeder Hinsicht nachhaltig. Vor über zehn Jahren stellte er von der intensiven Produktion zur extensiven Weidehaltung um und verkleinerte außerdem die Herde. Jetzt produziert er die Hälfte an Milch, aber verdient dasselbe. Und das Besondere: Er stieg vom Holstein-Rind auf das Jersey-Rind um, eine der ältesten Rinderrassen – klein, selten und bescheidener in der Futtermenge. Wichtig ist ihm nicht die Literproduktion, sondern Ricardo will den besten Käse herzustellen. Und um guten Käse zu machen, muss das Futter aus frischem Gras und trockenem Gras bestehen. 
„Die Tatsache, dass wir es mit Milch von Weidekühen zu tun haben, macht die Sache schwieriger, denn intensiv produzierte Milch ist viel stabiler, da die Kühe das ganze Jahr über das Gleiche fressen. In unserem Fall variiert die Weide stark von einer Jahreszeit zur nächsten“, so Ricardo von Airas Muniz. Von Karneval bis zum Sommer sind die Tiere Tag und Nacht draußen auf der Weide, im Sommer wegen der Hitze mittags drinnen und nachts draußen. Im Winter schlafen sie drinnen und grasen tagsüber draußen. Das macht einen ganz anderen Käse: Mit Terra gelingt den Galiciern ein fettarmer Käse von nur 28%, 10 Prozentpunkte weniger als die meisten galicischen Käsesorten. 
Jedes Mal, wenn ich meinen Käseladen Llet Crua betrete, merke ich, mit wieviel Liebe hier gearbeitet wird. Ein Augenschmaus. Ein Stück Himmel. Ohne Beratung und ohne einer neuen Sorte verlasse ich den Laden nie. Manchmal ist eine neue Käseliebe dabei. Vielleicht werde ich doch noch zum Käseliebhaber. 
Öffnungszeiten: 
Dienstag bis Samstag 10:00 – 14:00 Uhr, 17:00 – 20:30 Uhr 
Adresse:
Llet Crua
Carrer de Cáceres, 14
08028 Barcelona
www.lletcrua.cat

Café und Concept Store

Jaime Beriestain

Café & Concept Store mit edlem Vintage-Touch

In einer der schönsten Straßen von Barcelona, um die Ecke zu Gaudís Casa Milà und nur einen kleinen Spaziergang weit zur berühmten Sagrada Familia, präsentiert sich der 2013 eröffnete Concept Store von Jaime Beriestain. In bester Gesellschaft einiger der schönsten Bauwerke des katalanischen Modernismo. Für die elegante Lage hat er sich bewusst entschieden, aus Liebe zur Kunst und Architektur. 
Kein Wunder, dass der 500 m2 große Store unbescheiden nach seinem Eigentümer benannt ist. So in etwa stelle ich es mir vor, die Wohnung des viel gefragten Innenarchitekten Jaime Beriestain zu betreten. Ich sehe eine expressive Mischung aus Designobjekten, die er von seinen Reisen mitbrachte oder selbst entwarf, restaurierten Vintagemöbeln der 60er und 70er Jahre, Teppiche aus eigener Produktion, Holzutensilien für Küche und Bad – alles stilvoll arrangiert nach Themenbereichen. Unter seinem eigenen Labeling finden sich feine Kerzen, Raumdüfte und Beauty-Produkte sowie Salatsaucen, Öle oder Rosmarin-Honig aus der hauseigenen Gourmet-Linie. 
Es kann gar nicht anders sein, als dass der Designliebhaber und Wahl-Barceloneser, der hier längst seine eigene Marke ist, alle Stücke persönlich ausgesucht und drappiert hat. Oder wie Jaime selbst sagt: „Hier gibt es alles, was glücklich macht.“ Deshalb passen hier auch exklusive Ausgaben internationaler Klassiker oder Bücher von Freunden genauso wie Zeitschriften rund um Architektur und Design perfekt ins Konzept. Sowie die ein oder andere Lesung, die bereits im Jaime Beriestain Concept Store stattfand. 
Schade wäre es, nur wegen dem Store zu kommen. Denn zum Glücklichsein gehört doch auch etwas für den Magen, oder nicht? Also, nichts wie ab nach nebenan in das Café. Bueno, es ist mehr ein schickes Restaurant, das sich abends in eine Cocktailbar mit gelegentlichen DJ-Sessions verwandelt. Denn Hobby-DJ ist Jaime auch noch. 
Die Küche ist traditionell: internationale Gerichte wie Steak Tatar oder Parpadelle mit Tartuffo-Sauce, mit ein paar Gerichten aus Jaimes chilenischer Heimat und sorgfältig zusammengestellten Speisen für die Freunde der veganen Küche gewürzt. Selbst die Pommes Frites sind nicht von der Stange, sondern mit hausgemachtem Ketchup und japanischer Mayonnaise verfeinert. Die Köstlichkeiten sind selbstverständlich auf Geschirr der eigenen Kollektion serviert. Viele ausgewählte Produkte kommen aus der Region. Beispielsweise der Arroz de bogavante D.O Delta de l’Ebre, ein fast vergessener Ur-Reis aus dem Flussdelta des Ebro im Süden Kataloniens, dessen Herkunft geschützt ist.
Das Café verfügt auch über ein paar Tische draußen. Aber wer will sich den Blick auf die Roserie entgehen lassen und nicht zusehen, wie frische Blumensträuße gebunden werden? Ich versinke mit meinem Vermut in den Sixties-Sessel und schwelge. Jaime Beriestain ist auf jeden Fall etwas für alle Sinne. 

Öffnungszeiten Concept Store: 
Montag bis Sonntag 11:30 – 19:30 Uhr

Öffnungszeiten Café: 

Montag bis Mittwoch 9:00 – 01:30 Uhr

Donnerstag bis Freitag 9:00 – 03:30 Uhr

Samstag 9:00 – 03:00 Uhr

Sonn- und Feiertags: 9:00 – 01:30 Uhr

 


Barcelona-Pavillon

Ikone der Architektur

Für mich ist es sogar das schönste Gebäude der Welt. An heißen Tagen oder wenn mir der Sinn nach Ruhe und Klarheit steht und der Trubel der Stadt zu viel ist, fliehe ich hierher: an den Fuße des Montjuïc. Hier entstand 1929 das Gelände der Weltausstellung, 1992 wurde der Hausberg von Barcelona bekannt als Austragungsort der Olympischen Spiele. 
Im Schatten des pompösen Palau Nacional gibt sich der Pavillon äußerst bescheiden. „Eines der einflußreichsten Werke der modernen Architektur.“ Gerade ging das Jubiläumsjahr 100 Jahre Bauhaus zu Ende und mit ihm einige Ausstellung dazu im MVDR-Pavillon. Auch unabhängig vom Bauhaus-Jubiläum ist der Mies van der Rohe-Pavillon in Barcelona ein architektonisches Muss. 
In einer Zeit, in der damals noch überall in Barcelona der schnörkelreiche Zuckerbäckerstil vorherrschte, in der das Bauhaus in Weimar gerade mal zehn Jahre als war und der Architekt Mies van der Rohe bereits eine konkrete Vorstellung von räumlicher Freiheit hatte, ließ das Deutsche Reich seinen Weltausstellungspavillon zur Selbstdarstellung bauen. Mit dem Gebäude wollte das Land seine Taten, sein Wesen und seine Suche nach Klarheit widerspiegeln. Der Meister des Minimalismus erfüllte nicht nur den Auftrag bravourös, sondern er erschuf zugleich eine Ikone der Architektur. 
Und mit ihm der Barcelona Chair. Der Sessel sollte ein moderner Thron sein, entworfen für das damalige spanische Königspaar, das sich während des Besuchs des Deutschen Pavillons auf der Expo 1929 hier setzen durfte. Innenarchitektin des revolutionären Stahl-Leder-Stücks: Lilly Reich. Die immer gerne vergessen wird, aber als Art Direktorin genauso an der Konstruktion des Pavillons beteiligt war wie Ludwig Mies van der Rohe.
Viele Besucher sind enttäuscht von den geringen Dimensionen des Pavillons. Was so klein? Dafür soll ich 5 € bezahlen? Und dann ist es nicht mal das Original? Jaja, Ich würde auch nicht hingehen, wenn Helene Fischer in meinem Wohnzimmer singt. 
Aber zum Glück zieht der Pavillon auch nicht jeden an. So bin ich meisten alleine mit ein paar Asiaten, die mit ihren echten Kameras versuchen, die Magie dieses Gebäudes einzufangen. Die radikale Einfachheit. Keine geschlossenen Räume, nur Wände als leichte Raumteiler. Dafür unfassbar ausdrucksstarkes Material: römischer Travertin, der Onxymarmor aus dem Atlas-Gebirge, der grüne Tinos und der grüne Alpin-Marmor. Dazu Stahl und Glas. Stilbildend für die moderne Architektur, nach der Maxime von MVDR: Weniger ist mehr. Und natürlich die Kolbes-Skulptur: Der Morgen wirkt so unwahrscheinlich sinnlich und leichtfüßig neben all der Sachlichkeit.
Die Rekonstruktion des Pavillons wurde übrigens 1986 an selber Stelle fertiggestellt. Oriol Bohigas war damals Chef des Stadtplanamts von Barcelona und der Initiator des Nachbaus. Alles wie es mal war. Plus einem kleinen Bookshop – mit Fachliteratur und Bildbänden zu Bauhaus und Architektur und mit einigem Nippes „less is more.“. Zum großen Glück fehlt eigentlich nur noch ein Café. Ach was, den kann man davor in einem der Chiringuitos auf dem sonnigen Platz Charles Buïgas einnehmen. 
Mies van der Rohe-Pavillon
Pavillon Mies van der Rohe
Barcelona Sessel
Barcelona Chair

Öffnungszeiten:
Montag bis Sonntag 10:00 – 20:00 Uhr (März bis Oktober)
Montag bis Sonntag 10:00 – 18:00 Uhr (November bis Februar)
Adresse:
Pavelló Mies Van der Rohe
Av. Francesc Ferrer i Guardia 7
08038 Barcelona
Eintritt:
5 €, Jahrespass: 20 €